Engagement für erinnerung und bildung in der hechinger synagoge

Im Rahmen ihres Netzwerks Israel-Stipendiums engagierte sich Meirav Meidan in der Alten Synagoge Hechingen. Gemeinsam mit der dortigen Initiative überarbeitete sie innerhalb von zwei Wochen die Ausstellung zur jüdischen Geschichte vor Ort und leitete Workshops zu aktuellen Entwicklungen in Israel sowie zum Thema Antisemitismus.

Meirav Meidan ist Judaistin, lehrt jüdische Philosophie, Mystik (Kabbala) und feministische Perspektiven auf die jüdische Tradition. Sie unterrichtet in Beit Midrash-Einrichtungen, traditionellen jüdischen Lehrhäusern, für religiöse und säkulare Teilnehmende gleichermaßen.

 

Für Meirav ist die Alte Synagoge mehr als ein historischer Ort – sie ist ein Zuhause. Hier trifft sie Freund:innen, lernt und lehrt. Es ist ein Ort, an den sie immer wieder zurückkehrt. Ihre Verbindung zu Hechingen begann bereits vor Jahren und konnte durch das Stipendium erneut aufblühen.

Die Geschichte der Synagoge in Hechingen reicht weit zurück: Bereits 1767 wurde an dieser Stelle eine neue Synagoge errichtet. Die jüdische Gemeinde in Hechingen bestand schon seit dem 16. Jahrhundert. Während der NS-Zeit wurde die Inneneinrichtung der Synagoge zerstört. Nach dem Krieg existierte in Hechingen keine jüdische Gemeinde mehr – nur wenige jüdische Hechinger:innen überlebten die Shoa, teils im Exil, teils vor Ort.

 

Dieser Raum, jetzt leer und verlassen, ist ein stiller Zeuge der Morde, der Zerstörung und Verwüstung, die an diesem heiligen Ort geschahen. Es ist ein Ort, an dem Stille und Schweigen sprechen.“, beschreibt Meirav die Atmosphäre der Synagoge.

 

Anfang der 1970er-Jahre bemühten sich J. Anthony Gray und Henry Hofheimer – beide ursprünglich aus Hechingen und 1938 vor den Nazis geflohen – vergeblich um den Erhalt der Synagoge als Gedenkstätte. Erst 1979 schlossen sich engagierte Bürger:innen zur Initiative Hechinger Synagoge zusammen. Drei Jahre später konnten sie das baufällige Gebäude erwerben und mit der Renovierung beginnen. Im Dachstuhl entdeckten sie eine Genisa – ein Archiv für gebrauchte religiöse Schriften. 1986 wurde die restaurierte Synagoge als Gedenk- und Begegnungsstätte wiedereröffnet.

Meirav Meidan, all rights reserved

Eindrücke und Erfahrungen

Meirav beschreibt die Synagoge so: „Das Gebäude der Synagoge ist nun vollendet, und seine Schönheit ist atemberaubend. Wenn man in der Halle unter einer bemalten Himmelskuppel mit Sternen steht, spürt man die Majestät und den Glanz, die Teil der Erfahrung sind, sich im Haus Gottes zu befinden. Wenn man die zart bemalten Wände betrachtet oder die hebräischen Inschriften liest, kann man nicht anders, als Ruhe zu empfinden.

Heute ist die Alte Synagoge ein lebendiger Ort des kulturellen und interreligiösen Austauschs. Rund 100 Mitglieder engagieren sich dort. Auch Meirav kehrt regelmäßig zurück – um Freund:innen vor Ort zu besuchen, den Ort mit ihrer Familie zu teilen oder neue Projekte und Veranstaltungen umzusetzen. Sie unterrichtet, gestaltet Bildungsformate und bringt dabei ihre Perspektive aus Israel ein. Die Corona-Pandemie unterbrach ihre Reisen nach Deutschland. Zwei Jahre später plante sie ihre Rückkehr mit einer neuen Projektidee: einem Seminar zu den vier Elementen.

Der 7. Oktober 2023 markierte einen tiefen Einschnitt – sowohl für Meiravs Situation in Israel als auch für die Verbindung nach Hechingen. Meirav beschreibt, dass sie sich in eine der dunkelsten Zeiten der israelischen Geschichte zurückversetzt fühlte.

Erstmals zögerte sie, nach Deutschland zu reisen: „Ich hatte Angst, nach Deutschland zurückzukehren – nicht unbedingt um meiner eigenen Sicherheit willen, sondern wegen der Stimmung gegenüber Israel. Würden die Menschen bereit sein, unser Leid zu sehen? (…)Würde Israelkritik sich mit neuem Antisemitismus vermischen und jeden Dialog unmöglich machen?

Auch das geplante Projekt musste erneut unterbrochen werden. Durch das von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft geförderte Stipendium vom Netzwerk Israel konnte Meirav im Mai zum ersten Mal seit dem 7. Oktober wieder nach Deutschland reisen.

Die Rückkehr nach Hechingen brachte ihr Zuversicht. Erleichtert stellte sie fest, dass sie dort weiterhin Freund:innen und Partner:innen hat.

Sie fand Verständnis und Solidarität – trotz unterschiedlicher Meinungen: „Im Komitee der Initiative Hechinger Synagoge fragten wir uns: Ist es heute unsere Aufgabe, Solidarität mit den Jüd:innen in Israel zu zeigen, oder sollten wir auch versuchen, unsere politischen Stimmen hörbar zu machen? Obwohl wir unterschiedliche Meinungen hatten, fühlte ich mich unter Freund:innen und weiterhin als Teil dieser Gemeinschaft.“

Ausblick

Im Rahmen des Stipendiums arbeitete Meirav erneut intensiv mit der Initiative der Synagoge. Sie überarbeitete die Ausstellung, führte zahlreiche Gespräche, knüpfte neue Verbindungen zu engagierten Personen und organisierte Workshops sowie offene Diskussionskreise, unter anderem mit einer Flüchtlingsklasse.

Dieses Erlebnis beeindruckte sie besonders: „Die Schülerinnen und Schüler, einige von ihnen kamen aus Ländern wie Syrien, Iran oder Afghanistan, die Israel eher feindselig gegenüberstehen und doch hörten sie mir mit offenem Herzen zu. Sie lauschten aufmerksam, stellten respektvoll Fragen und zeigten echtes Interesse. Das war für mich sehr bedeutend. Es fühlte sich so an, als wäre mit ihnen die Tür für ein Gespräch offen

Für die Zukunft hat Meirav viele neue Ideen, um die Verbindung zwischen Israel und Deutschland, insbesondere zwischen Hechingen und Israel, weiter zu stärken. So würde sie gerne zum Beispiel zum 30-jährigen Jubiläum der Wiedereröffnung der Synagoge im Jahr 2026 ein Projekt zu jüdischen Feiertagen realisieren. Ziel ist es, jüdisches Leben sichtbarer zu machen, etwa durch eine Ausstellung, in der Gebete hörbar sind und Informationen zu den Feiertagen zugänglich gemacht werden.

Wo sie unterstützen können

Unsere Projekte

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Fußball für Frieden - Givat Haviva

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Psychosoziale Hilfe für Shoa-Überlebende

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Jüdisch-Arabisches Nothilfezentrum in Rahat

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